Ist der Schalttag patriarchal?

Schalttag – heuer also einen Tag mehr im Monat der liebesglühenden Göttin Februata.
Warum brauchen wir den?
Weil das mit den 365 Tagen und 12 Monaten à 28/29/30 und 31 Tagen, in denen unser „Sonnenjahr“ aufgeteilt (um nicht zu sagen „zerhackt“) ist, auch nicht so einfach ist.
Um die Sonne einmal zu umrunden, braucht unser lieber Mutterplanet, die Erde, exakt 365 Tage 5 Stunden 48 Minuten und 45,216 Sekunden bzw. 365,24219 Tage.
Sehr unpraktisch, da bräuchten wir einen Kalender, der 365 ganze Tage hat und dann müssten wir noch einen „Minitag“ mit knapp 6 Stunden anhängen.
Und dieser „Fehler“ summiert sich im Laufe der Zeit. Nach 753 Jahren wäre z.B. die Wintersonnenwende mitten im Sommer. Daher ist jedes 4. Jahr ein „Schaltjahr“ mit einem Tag mehr.
Naja – auch nicht wirklich jedes 4. Jahr. Denn da gibt es wieder einen Fehler von 0,781 Tagen auf 100 Jahre! Jetzt liegen wir pro Jahr schon wieder um 11 Minuten daneben. Daher wird in jedem Jahrhundert einmal eine Ausnahme gemacht und der Schalttag wieder entfernt und zwar immer dann, wenn sich die Jahreszahl ohne Rest durch 100 teilen lässt. Das Jahr 2100 wird also kein Schaltjahr sein, das Jahr 2200 auch nicht, und so weiter.
Alles klar?

Mit dem Mond die Zeit einteilen

Jaja – die Sache mit dem Sonnenkalender!
Seit frühen Zeit, vermutlich bereits in der Altsteinzeit, orientierten sich die Menschen an der Position des Mondes.
Ganz alte Mondkalender zeigen das.
Es ist ein natürlicher Rhythmus, an dem sich vor allen Frauen wegen ihres Menstruationszyklus gut orientieren können.

Eine Phase von Neu­mond zu Neu­mond, also ein Mond­monat be­trägt 29,5 Ta­ge (und nicht die willkürliche, sperrige Unterteilung des Jahres in 30, 31 oder auch 28 oder 29 Tage).
Das sind also 354 Tage für das Mondjahr. Bleiben auf 365 Tage 11 Tage, be­zie­hungs­weise 12 Näch­te.
Ein Rhythmus, an dem ich mich persönlich schon lange halte. 12 volle Mondphasen und am Ende des Jahres, in der ganz stillen und dunklen Zeit, einige Tage, die sozusagen außerhalb des normalen Alltags sind: die Rauhnächte.
Ein sehr natürl­icher Rhythmus – an den Mondzyklen kann man sich gut orientieren, ein Blick des Nachts zum Himmel reicht. Denn der Mond zeigt seine jeweilige Position vor dem Hintergrund des Sternenhimmels taggenau an.
Anmerkung: Neumond ist jene Mondphase, an der sich die erste schmale Mondsichel am Himmel zeigt und nicht wie fälschlicherweise im Sprachgebrauch immer wieder jene bezeichnet ist, wo wir gar keinen Mond sehen. Das wäre dann Schwarzmond oder Dunkelmond.

Und immer noch orientieren sich agrarische Gesellschaften daran. Die fast poetisch klingenden Bezeichnungen für die Mond-Monate zeigen das – z.B. Lenzmond, Wonnemond, Heumond, Ährenmond, Nebel­mond oder Schnee­mond.

Wer glaubt, dass Mondkalender eher etwas für einfache Gemüter sind, die größere Zeitspannen als von einem Neumond zum nächsten nicht überblicken können, irrt aber. So besteht der „Kalender von Coligny“ (Südostfrankreich) der auf einer Grundlage eines Mondjahres mit 355 Tagen aufgebaut ist, aus 62 aufeinander folgenden Monaten, also aus fünf Jahren.
Interessanterweise werden die Monate nicht in Tagen, sondern in Nächten gerechnet.
In matriarchalen Gesellschaften ist das durchaus üblich, da alles aus der Dunkelheit, der Ruhe heraus geboren wird, so auch der Tag aus der Nacht.
Fast 30.000 Jahre alt ist der älteste bekannte Mondkalender aus der französischen Dordogne: Eine 5 Zentimeter kleine Platte aus Rentiergeweih, auf die schlangelinienförmig 69 Bilder des sich Nacht für Nacht veränderten Mondes eingraviert sind. Das erste Mondzeichen entspricht der Nacht vor dem Neumond (also der Schwarzmond) jedes folgende Zeichen bedeutet eine weitere Nacht. So wurde festgehalten, dass ein Mondzyklus 28 Nächte dauert.

Die Zeitrechnung von Kaiser und Papst

Nicht von ungefähr leitet sich ja auch das Wort Monat von Mond ab.
Aber dann kamen ein paar „g’scheite Herren“, die sich einbildeten, dass das mit den Mondphasen nicht so taugt und daher den Sonnenkalender einführten.
Zuerst der große Herr-scher Julius Cäsar, der 45 v.u.Z. den nach ihm benannten julianischen Kalender einführte.
Ende des 16. Jahrhunderts reformierte Papst Gregor XIII diesen julianischen Kalender und seit 1582 gibt es den, heute in vielen Teilen der Erde verbreiteten, gregorianischen Kalender.
Was im übrigen die Kirche nicht daran hinderte, ihr größtes Fest – Ostern – weiterhin flexibel nach den Mondphasen auszurichten.

Warum findet der Extratag in einem Schaltjahr im Februar statt? Wäre es im Sommer nicht viel schöner, einen zusätzlichen Tag zu haben? Das wiederum hat wieder etwas mit dem Julianischen Kalender zu tun. Denn der Februarius war im römischen Kalender der letzte Monat und damit der natürliche Platz für zusätzliche Schalttage. Das wurde beibehalten, selbst als der Jahresbeginn vom März in den Januar verlegt wurde.

12 goldene und ein silberner Teller

Ein sehr anschauliches Beispiel vom Wechsel des Mondkalenders in den Sonnenkalender (und damit von der lunar bestimmten Welt auf jene der solar-patriarchalen) gibt das Märchen Dornröschen. Da bekommt ein Königspaar ihr erstes Kind – eine Tochter.
Wie es für Thronfolgerinnen so üblich war, wurden die Weisen Frauen des Landes herbeigerufen, um dem neugeborenen Mädchen ihren Segen zu geben (das Wort „Fee“ kommt im übrigen im Text des Märchens nirgends vor).
Es waren deren 13 – so wie die Mondzyklen.
Aber – jetzt kommt’s: Der König will nur 12 von ihnen zulassen. Mit der Begründung, es gäbe nur 12 goldene Teller. Die 13. Weise Frau hätte aus einem silbernen Teller essen müssen.
Und das wollte der König ihr (und vor allem wahrscheinlich sich selbst) nicht antun.
Als hätte das einer Weisen Frau etwas ausgemacht, aus dem üblichen silbernen Mondteller zu speisen, dem Fragment aus der alten Zeit.

Die goldenen Teller sind Hinweis auf die 12 Sonnenmonate, der 13 silberne Teller steht für die Mondmacht. Und diese wollte der patriarchale König in seinem Reich nicht haben.
Die 13. Weise Frau wurde also nicht eingeladen, der weitere Verlauf der Geschichte ist bekannt.
Es ist anzunehmen, dass sie dem Mädchen nicht den physischen Tod wünschte, sondern den Übergang vom Kind in das Frau-Sein, wenn der dafür richtige Zeitpunkt gekommen ist. Die Prinzessin sticht sich an einer Spindel eines Spinnrades, dem Symbol für das ewige Auf und Ab der Zyklen. Blut beginnt zu fließen …
Das Kind „stirbt“ und wird als Frau wieder­geboren.
Die Mond-Kraft, die jede Frau mit ihren Mond-Zyklus in sich trägt, kann auch kein König und auch kein Kalender dieser Welt aufhalten oder unterdrücken.

So, also wenn wir heute schon einen Schalttag haben, im Monat der liebesglühenden Göttin Februata, dann macht doch einfach das beste daraus!

 

Weitere Infos zu den Göttinnen im Text und auf den Bildern:
Februata
Mama Quilla
Mokosch

 

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